fiber magazine on our CD "Songs we can sell"
Zugegebenermaßen,
Norah Noizzze als solches mag sich erst mal recht unverfänglich
anhören. Auch die Bandgeschichte, die seit dem Ladyfest 2007
geschrieben wird, ist weder anrüchig, noch von großen Turbulenzen - schlechte wie gute - gezeichnet. Helga, Iris und Aurora bestehen als
eben jene Norah Noizzze & Band offiziell seit 2008, haben seither
viele wohnzimmeratmosphärische Konzerte und Straßenfeste abgerundet und
mit ihrer Musik erstrahlen lassen, eine EP und hier und da mal ein
paar Songs veröffentlicht. In diesem Frühjahr wird uns auch endlich die
Ehre zuteil, einen kompletten Longplayer des sympathischen queeren
Trios käuflich erwerben zu können.
Songs we can
sell heißt das Werk und wird wohl tatsächlich gut über die
Ladentheke gehen, kauft man_frau doch gerne, was die drei in Wien
Beheimateten uns (philosophisch-künstlerisch) verkaufen wollen.
Noisiger Rock - so ordnen sie sich selbst ein - meets tiefe,
charismatische Stimme, die unter die Haut geht, meets Texte, die im
Mittelhirn andocken, meets auditive Vertrautheit. Wir kriegen sieben
Tracks serviert, von denen wir uns wohlwollend ein großes Stück des
Gitarrenmusik-Kuchens abschneiden dürfen. (Bei manchen Stücken durften
wir bereits vorschmecken, da sie schon veröffentlicht wurden, wie z.B.
"MasturBate's Motel"). Lyrisch muss man_frau keine großen
Emotionsschwankungen befürchten, denn weder Schwermut, noch naive
Sorglosigkeit werden einem_r vermittelt. Die Wortspielereien ranken
sich wie Efeu um des_der Zuhörers_in Ohr, halten sich fest - wenn
man_frau sie denn lässt -, kriechen in die eingeladenen, mehr als
begeisterten Gehörgänge, regen zum Nachdenken und Hinterfragen an,
lassen zustimmend nicken und verweilen noch ein wenig an dieser oder
jener Stelle, bis man_frau seinen Kopf wie wild, ungehalten und
angestachelt zu einer auf Songs we can sell häufig
vorkommenden schönsten Bridge bangt und sich über die doppeldeutige Wahrheitsfindung des gesungenen Wortes erfreut.
Die 25,8 Minuten Spielzeit schrammeln und klimpern, bestechen ohne
bestechlich zu sein, verunsichern, reißen mit und verfallen im Großen
und Ganzen stets und spätestens immer ab der Songmitte in ein
ausgeprägtes Energiefeld voll von soundiger Wirklich- und Grenzenlosigkeit ohne dabei unharmonisch zu wirken.
Songs we can sell sollte man_frau nicht nebenbei einlegen, denn die CD
ist eine kleine Reise, für die man_frau sein Köfferchen parat haben
sollte; ein Köfferchen gefüllt mit Konzentration, Herzblut und schmucken
zu verschickenden Postkarten, um die frohe Botschaft weiterzugeben.
Sollte es jedoch auf einer dieser Reisen mal passieren, dass man_frau an
dem einen
oder anderen leichtfüßig betrunkenen Frühlingsabend die
falsche Tür betritt und in eine Szenerie im Deckmantel der Unwissenden,
versammelt in einer eckigen Spelunke, in der das Bier billig und die
Toilette dreckig ist, stolpert, dann möge man_frau entweder sofort
das Weite suchen und besser einem sehr sehens- und hörenswerten Live-Gig
der Frauen* beiwohnen oder sich aber auf einem hölzernen, kippligen
Barhocker ein Plätzchen zu Eigen machen, ein gezapftes Kühles ordern und
sich mit den einprägsamen, politisch auflehnenden Worten Norahs seiner
eigenen Lethargie hingeben: "And I'm missing a gun or my guitar / to
express my feelings about this hetero bar.".
Auf ihrer Bandpage
betiteln Norah Noizzze Songs we can sell als "Die Begleitmusik zum
Weltuntergang". Ich sage: Bitte jetzt zuschlagen, auch die Mayas haben
sie schon gekauft.
News from/Nachricht von irizzz / 01 Jul 2013